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Ein Popstar in Hetzenholz!?!

Es waren gar liebliche Klänge, die am frühen Abend des 26. Juli 2020, ein Sonntag, in unserem Dorf zu hören waren. Eine rauchige und impulsive Stimme legte sich über eine Akkustik-Gitarre, Grooves und Fills und erzählte in Songs mit wunderschönem Timbre Geschichten ….. und bald klang das gar wie eine ganze Band. Ein Konzert gar. Was war da los?

Mark Gillespie: Supersonic Sunday live @Hetzenholz

Nun ja, da muss ich tatsächlich ein wenig ausholen. Am 26. Juli hatte ich Geburtstag und es war ein runder. Ursprünglich wollte ich am Nürburgring ein 24 Stunden Radrennen fahren, ich wäre mit 49 Jahren aufs Rad gestiegen und mit 50 abgestiegen! Das wäre sicherlich ein großartiges Erlebnis gewesen! Aber -wie in so vielen Dingen- 2020 hat es anders vorgesehen und das Rennen fiel natürlich aus. Es gab ein paar Überlegungen, wie man meinen Geburtstag begehen könnte, die meine Liebste und ich aber letztlich alle verwarfen und rund 10 Tage vor dem Datum waren wir uns immer noch nicht sicher, was wir zu meinem Jubiläum machen würden.

Beruflich und privat kenne ich viele Veranstalter, Techniker, Künstler und Musiker – Menschen, die von der Kunst leben und durch die Pandemie natürlich in ihrer Existenz bedroht sind oder zumindest nicht unwesentliche Einschnitte hinnehmen müssen. Einer davon ist mein alter Freund Mark Gillespie, dessen Musik ich seit 1997 kenne und liebe und dem ich schon 2004 eine DVD produziert habe. Mark lebt ausschließlich von seiner Musik und er ist derzeit quasi ohne Einnahmen, da er keine Konzerte spielen kann.

Eine gute Woche vor meinem Geburtstag -zu der Zeit konnten Konzerte unter bestimmten Bedingungen, „auf Abstand“ stattfinden (was in den meisten Fällen allerdings kaum wirtschaftlich und höchstens gut für die Gemüter war)- kam ein Newsletter von Mark per e-Mail, in dem er seinen Fans schrieb, dass er nun auch „coronakonform“ auf Privatparties spielen würde. Ich musste nicht lange darüber nachdenken und schrieb ihm eine WhattsApp, ob er Lust hätte, an meinem Geburtstag bei uns im Garten zu spielen und was das kosten würde. Seine Antwort war, „soll ich jetzt wenig nehmen, weil Du mein Freund bist oder soll ich genau deswegen mehr nehmen?“. Ich merkte, dass ich so nicht weiter komme.

Ich hatte -trotz Künstlerdaseins- während dieser Zeit einigermaßen Glück und passable Aufträge im August und somit Einnahmen in Aussicht. Und ich bin ein Freund davon, etwas abzugeben, wenn man Glück hat und es einem einigermaßen gut geht. Ich rechnete durch und schlug Mark eine Gage vor, die ich aufbringen könnte, mit den Worten „das ist kein Problem, wenn das nicht reicht und Du mir absagst“. 10 Minuten später und hatte ich Marks Zusage und wusste, ich würde an meinem 50. Geburtstag tatsächlich ein Privatkonzert eines meiner Lieblingsmusiker bei mir Zuhause genießen dürfen!

Nun gab es das nächste Problem: was ist ein Konzert ohne Publikum? Richtig, das macht keinen Spaß! Wir leben auf dem Land, es ist Sommer und wir haben genügend Platz, da könnten doch durchaus -vernünftig und coronakonform- ein paar Zuschauer kommen! Ich dachte an 30 Gäste (und fand ob des Platzes im Garten rund 50 noch locker in Ordnung, erlaubt war es sowieso) und lud ein paar Freunde und alte Nachbarn aus Köln ein.

Aber was ist mit den Nachbarn? Vielleicht würden die die Musik nicht mögen und sich gar belästigt fühlen, ob der „Ruhestörung“? Wir sind ja „neu“ im Dorf und kennen noch lange nicht alle Nachbarn und somit nahm ich das Fest als willkommene Möglichkeit, uns vorzustellen. Ich verteilte Zettel in den Briefkästen mit dem Hinweis, dass es „etwas lauter“ werden könnte und einer herzlichen Einladung – in der Annahme, dass sowieso kaum einer kommt. Tja, was soll ich sagen? Die Resonanz war gewaltig und die Rückmeldequote lag bei rund 90%! Ganz viele sagten zu und selbst die, die nicht kommen konnten, meldeten sich mit freundlichen Worten! Toll! Und irgendwie bereue ich es schon, dass ich tatsächlich ein paar wenige Häuser ganz am anderen Ende des Dorfes nicht mit Einladungen bemustert habe – liebe Nachbarn, das holen wir nach!

Platz war also da, Klaus aus Weissenportz lieferte mir Getränke, eine Kühltruhe, Brauereigarnituren und zwei Pavilions, die wir für einen kurzen Schauer aufbauten – ansonsten war das Wetter einfach perfekt! Der Großteil der Nachbarn stand überpünktlich vor der Tür und auch meine Freunde und alten Nachbarn aus Köln erreichten zeitig unser kleines Dorf, das also nun voll mit Autos und besonders Rennrädern war. Rund 60 Gäste hatten sich auf unserem Grundstück eingefunden.

Meike hatte ein (sehr, sehr üppiges und unfassbar leckeres) Buffet gezaubert, alle fühlten sich sichtlich wohl und genossen den Tag und gute Gespräche. Ich hatte so einiges an tollen Mitbringseln entgegen zu nehmen, freute mich wie Bolle über die vielen freundlichen Gesichter und dann ging es -mit einer kleinen Verspätung- los: das vielleicht großartigste Geschenk, das ich jemals bekommen habe: ein Privatkonzert mit Mark Gillespie!

Mark kam schon früh aus Gießen, dort hatte er morgens ein Konzert mit Peter Herrmann und Tess Wiley gespielt. Das war tatsächlich sein erster Auftritt seit März gewesen und es hieß nicht nur, dass er seitdem keine Einnahmen hatte, sondern auch, dass seine Stimme reichlich untrainiert war. Das meinte er zumindest – ich habe davon recht wenig vernommen und ich kenne seine Musik nun wirklich sehr gut (ich musste ihm gar bei ein paar Textzeilen helfen 😉 ).

Nach einer epischen Anmoderation durch mich (ich erzählte, wie ich Mark kennengelernt habe und einiges mehr und -ja!- ich hab das wohl ein bisschen zu ausführlich gemacht, but anyway: mein Fest – meine epische Anmoderation 😉 ) ging es los. Ich genoss mit einem kühlen Getränk meinen Platz in der ersten Reihe und war gespannt, welche Songs er spielen würde (Mark spielt sowohl Coversongs, als auch seine eigenen Stücke), ich halte einige seiner älteren Nummern für absolute Top Hits! Er fühlte sich anfangs sichtlich unsicher, zum einen, weil er wohl dachte, er müsse mir mit der Songauswahl irgendwelche Gefallen tun (ich zahlte ihn ja schließlich) und zum anderen, weil ein Partypublikum für einen Musiker immer schwierig ist und er oft gegen Gespräche, Gläserklirren und Kindergeschrei ankämpfen muss. Ich machte ihm unmissverständlich klar: das ist Dein Konzert und Du spielst was Du willst und wie lange Du willst!

Man muss dazu sagen, dass Mark zwar alleine auftritt (er ist aber auch mit seiner, der Mark Gillespie Band und mit den Kings Of Floyd, einer Pink Floyd Tribute Band unterwegs), allerdings klingt das recht bald wie eine ganze Band und manchmal sogar wie ein Orchester! Mark spielt mit einer Loopstation, d.h. er nimmt z.B. eine Gitarrenlinie auf, spielt sie wieder ab, dann einen Bass dazu, Drums, usw. Er macht das seit rund 20 Jahren (ich war bei den Anfängen dabei und habe die Schritte zur Perfektion quasi mitverfolgen können) und …ja! Mark hat das schon lange vor Ed Sheeran gemacht!

Mark spielte letztlich zwei Sets à ungefähr eine Stunde, gespickt mit seinen Hits wie „Supersonic Sunday“, „Don’t Mess Around“ oder „April Sun“ und einigen tollen Coversongs, z.B. „Ain’t No Sunshine“, „Wish You Were Here“ oder „Chasing Cars“. Und, tja, was soll ich sagen? Alle waren begeistert und damit meine ich wirklich: alle! Die Kumpels aus Köln blieben teilweise einiges länger als geplant (viele waren mit dem Rad da und mussten noch einen weiten Weg zurück), die neuen Nachbarn waren sichtlich angetan und Mark …. raunte mir danach zu, „das war ja echt wie ein Konzert!„. Ja, das war es und eben nicht wie eine Party, wo Gläser klirren und der Musiker verzweifelt gegen Gequatsche anspielt. Großartig für mich zu sehen, wie Mark meinen Gästen in unserer Garage noch CDs verkauft und signiert hat. Und ich habe meinen Platz in der ersten Reihe wirklich genossen – diesen Tag werde ich definitiv nie vergessen!

Mark Gillespie: April Sun live @Hetzenholz

Wer es verpasst hat, eine (oder 2 oder 3) von Marks CDs zu kaufen, kann das sehr gerne nachholen: entweder auf seiner Website oder bei mir. Ich habe noch einige CDs und DVDs da, kommt einfach klingeln (Haus Nummer 8) und selbstverständlich geht der Erlös (15.- Euro/Stück) direkt und komplett an Mark – bitte habt im Hinterkopf, dass es zur Zeit für Musiker, die von ihrer Musik leben (müssen!) unfassbar schwer ist, über die Runden zu kommen! Jede verkaufte CD hilft ein kleines bisschen! Und wenn es wieder möglich ist: kauft Euch ein Ticket für ein Konzert! Mark spielt z.B. regelmäßig in der Harmonie in Bonn. Oder bucht ihn für Euren Geburtstag, das kann ich echt nur empfehlen 😉

Ich freue mich jedenfalls, dass unser Hetzenholz durch meinen Geburtstag ein richtig tolles Konzert gesehen hat. Von einem Popstar!

Mark Gillespie Website: http://www.gillespie.de
Mark Gillespie´s Kings Of Floyd: http://www.kingsoffloyd.com